(Berlin, den 10.06.2014) Die aktuelle Lage am Euro-Anleihenmarkt ist turbulent und wird weiter unruhig bleiben. Deshalb rät die niederländische Fondsgesellschaft Kempen nun dazu, das internationale Gewicht der Fonds zu erhöhen. Empfehlenswert sind Indexfonds, die den Markt nicht einfach blind nachkaufen.
Deflationäre Anzeichen wurden aus dem Markt gedrängt
Anleger, die auf festverzinsliche Wertpapiere setzen, müssen sich in Zukunft auf Turbulenzen einstellen, erklärt der Fachmann William de Vries. Die Aussichten seien angesichts geringer Renditeniveaus nicht gut – und noch schlechter, falls die Zinsen erneut steigen sollten. Obwohl der Großteil der Investoren schon in diesem Jahr mit Zinserhöhungen gerechnet hatte, blieb das Jahr 2014 bisher überraschend gut. „Fast schon irrational“, meint de Vries. Einen guten Grund für eine Zinserhöhung gäbe es: In den Krisenstaaten wie auch in Europa hat sich die wirtschaftliche Lage gebessert. Wider Erwarten blieb die Inflationsrate jedoch niedrig, auch begründet durch Sinken der Preise für Energie- und Nahrungsmittel. Darauf entschlossen sich die Notenbanken, jegliche deflationären Tendenzen aus den Finanzmärkten zu drängen; viele Märkte haben dies falsch eingeschätzt. Schließlich geht es dabei ja auch um Refinanzierungspläne mehrerer europäischer Staaten.
Ein positives Grundumfeld
In Portugal und Griechenland sind die Unternehmensergebnisse ebenso wie die wirtschaftliche Lage tatsächlich gut. Auch Italien sei auf dem Weg zur Besserung. William de Vries schreibt dies dem amtierenden Ministerpräsidenten Matteo Renzi zu. Natürlich brauche es Zeit, aber „er will Italien verändern“. Dieses positive Grundumfeld böte eigentlich die besten Chancen – macht es Anleihen-Investoren aber auch nicht leichter. Der Experte ist sich sicher, dass die Bank von England die Zinsen bereits in diesem Sommer anheben wird, und die Europäische Zentralbank (EZB) bereits im kommenden Jahr einsteigt.
Nach dem Markt kaufen, doch nicht blind folgen
Um langfristig gewinnbringend mit der Situation umzugehen, empfiehlt de Vries, durch eine internationale Komponente im Portfolio gegenzusteuern. Diese sollte auch diversifiziert werden. Die Anlageform ist so nicht nur günstiger, es bleibt auch mehr für den Investor übrig, als bei herkömmlich ausgerichteten Fonds. Zu oft geraten Anleger laut dem Experten in die Falle, teuer in Fonds zu investieren und dann billig zu verkaufen. Dabei ist ein preisunabhängiger Index essenziell für de Erfolg. Der neue Fundamental-Index-Ansatz vom Spezialisten Research Affiliates versucht, dies umzusetzen: Die Staatsanleihen werden insgesamt neu gewichtet, abhängig von Bevölkerung, Fläche, Bruttoinlandsprodukt und Energieverbrauch. So können das Produktivitätsniveau und die Verfügbarkeit von natürlichen Ressourcen, Kapital und Arbeit bestimmt und die Gewichtung der Staaten in der Weltwirtschaft festgelegt werden. Diese Maßnahme beruht auf der Logik, dass nur nachhaltiges Wachstum die Schulden der Staaten tilgen können. Man investiere so in dasselbe Universum – aber auf eine weitsichtigere Art und Weise.
Dies ist der Versuch eines positiven Umgangs mit der Tatsache, dass die Bewertung von Staatsanleihen eben auch nicht immer korrekt ist und auch Märkte nicht immer effizient sind. Und nicht nur Research Affiliates versucht, politische und ökologische Indikatoren zu berücksichtigen. Auch andere Fondsgesellschaften steuern Maßnahmen an, die dem Fundamental-Index-Ansatz ähneln. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass mehr als sechs Variablen nicht empfehlenswert sind. Sind zu viele Faktoren im Spiel, hat die einzelne Variable fast keinen Einfluss mehr auf das Ergebnis. Auch die Preisunabhängigkeit des Indexes ist unabdingbar für den Erfolg. Jedoch rät Experte de Vries von Anlagen ab, die zum Beispiel die Staatsschuldenquote miteinbeziehen. So sei man regelrecht am Anfang und handle wieder analog zum nichteffizienten Anlagemarkt.
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